„Was meinen wir eigentlich, wenn wir von Weisheit sprechen? Und in welchem Verhältnis steht diese Weisheit dann zum Begriff der Wissenschaft oder auch zur Philosophie? Um diese und angrenzende Fragen drehte sich das Lektüreseminar der Lectio Cusana I zu Nicolaus Cusanus’ Dialog Idiota de sapientia (1450), das vom 29. bis 31. Juli 2021 im Kloster Machern an der Mosel stattfand; inklusive eines Ausfluges zu Cusanus’ Geburtsort und dem von ihm gegründeten Stift. Die Veranstaltung bildete den Beginn einer künftigen Reihe von Lectiones, die zum Masterprogramm des Philosophischen Seminars der Kueser Akademie für Europäische Geistesgeschichte gehören und als reguläre Studienveranstaltung an verschiedenen Hochschulen anerkannt werden. Zum Auftaktseminar kamen Studierende, Promovierende und Interessierte aus Darmstadt, Leipzig, Marburg und Oldenburg angereist.
Cusanus lässt in De Sapientia einen (scheinbar) unwissenden Laien mit einem gelehrten Rhetor über verschiedene Themen disputieren, die im Zusammenhang mit der Suche nach der Weisheit stehen: etwa über den Wert des Bücherwissens, den Status der inneren Erfahrung und den Begriff Gottes.
In angenehmer und angeregter Atmosphäre diskutierten die neun Teilnehmer*innen des Seminars die Antwortansätze, die der Dialog bereit hielt – einerseits sehr nah am Text, andererseits auch oft über die Schrift hinausführend. So wurden Fragen aufgegriffen nach dem Verhältnis von Sprache und Welt, Erfahrung und Vernunft, Naturverständnis und Selbstbild sowie immer auch das Problem umkreist, ob und wenn ja inwiefern dem Menschen in dieser Welt eine absolute Wahrheit zugänglich ist. Es wird spannend sein zu sehen, welche neuen oder alten Gesprächsfäden an die Texte der kommenden Lectiones Cusanae anknüpfen werden.“
René Engelmann, M.A., Doktorand der Philosophie an der Universität Oldenburg