Liebe Leserinnen und Leser,
pünktlich zur Sommerpause präsentieren wir Ihnen hiermit unseren neuen Newsletter LEBENDIGE PHILOSOPHIE. Neu insofern, als in diesem kleinen Nachrichtenblatt von nun an nicht nur die berufsbegleitende Weiterbildung LEBENDIGE PHILOSOPHIE vertreten ist, sondern das gesamte Philosophische Seminar der Kueser Akademie für Europäische Geistesgeschichte – dem sowohl die Weiterbildung als auch Bachelor- und Masterseminare in Philosophie sowie der Bereich Forschung angehören.
An allen diesen Arbeits- und Lebensbereichen möchten wir Sie teilhaben lassen und freuen uns über Rückmeldung und Interesse von Ihrer Seite. Falls Sie das Philosophische Seminar noch nicht kennen, besuchen Sie doch gerne auch unsere Website. Einen Vorblick auf das Seminarprogramm des Philosophischen Seminars im Wintersemester finden Sie hier.
Hinter uns liegt ein intensives Sommersemester; zwar mit einigen Unterbrechungen und Neuerungen durch die Herausforderungen, die die Corona-Situation mit sich brachte, doch trotzdem mit vielen erfreulichen Ereignissen. Dazu gehören das dritte und vierte Seminar unserer berufsbegleitenden Weiterbildung, die Kooperation mit der Uni Oldenburg und der damit verbundenen Anerkennung unserer Masterseminare als Teil des Oldenburger Philosophie-Studiengangs sowie ein thematisch neues und interessantes Seminarangebot für das Wintersemester.
Wir wünschen Ihnen viel Vergnügen bei der Lektüre und freuen uns, Sie im Herbst-Newsletter mit einem Vorblick auf ein vielfältiges Wintersemester wieder begrüßen zu dürfen.
Sommerliche Grüße aus Bernkastel-Kues,
Ihr Team des Philosophischen Seminars der Kueser Akademie
Die LEBENDIGE PHILOSOPHIE geht in die zweite Runde
Aufwind für die Weiterbildung „LEBENDIGE PHILOSOPHIE – Denken für Organisationen von morgen“: nach dem dritten und vierten Seminar der sechsteiligen Reihe zeichnet sich ab, dass fast alle 15 Teilnehmenden des Grundjahrs im Oktober 2020 in das Aufbaujahr LEBENDIGE PHILOSOPHIE starten wollen. Das Aufbaujahr bietet eine Fortsetzung und Vertiefung der Kenntnisse und Fähigkeiten an, die die Teilnehmenden sich im Grundjahr gemeinsam erarbeitet haben.
Aufbauend auf unseren bisherigen Erfahrungen mit der aktuellen Gruppe und den Rückmeldungen aus der Praxis, haben wir eine weiterführendes Fortbildungskonzept entwickelt, mit dem wir an das Grundanliegen der LEBENDIGEN PHILOSOPHIE anschließen: Fähigkeitsschulung und Persönlichkeitsentwicklung in Auseinandersetzung mit der Philosophiegeschichte als ganzheitliche Erwachsenenbildung in Organisationen. In Kürze finden Sie zum Aufbaujahr auch unsere neue Broschüre auf unserer Website.
Die Pioniersituation im ersten Grundjahr der Weiterbildung ließ uns außerdem verschiedene Orte testen, an denen wir unsere Seminare beheimaten können: So fand unsere dritte Veranstaltung Ende Juni in Stuttgart statt; beim vierten Seminar Ende Juli waren wir im Tagungshaus Wiesenhaus in Loheland bei Fulda zu Gast. Weil wir sehr schöne Orte kennengelernt haben, war die Entscheidung nicht leicht: Jetzt aber ist sie gefallen: Wir haben uns entschieden, im kommenden Jahr alle Seminare der Weiterbildung in Stuttgart anzubieten. Das Evangelische Studienzentrum Haus Birkach im grünen Fildervorort wird unser Gastgeber sein (siehe Foto). Durch die Wahl eines zentralen Seminarorts ermöglichen wir Menschen aus der Berufspraxis die Teilnahme an unserer Weiterbildung.
Für das zweite Grundjahr LEBENDIGE PHILOSOPHIE gibt es im Moment noch freie Plätze! Alle Infos und Neuigkeiten finden Sie wie immer auf unserer Website sowie jederzeit auf Anfrage per Email bei Paula Kühne.
Die Studierenden haben eine neue Website
Die Initiative „Selbstbestimmt studieren“, die vom Philosophischen Seminar beraten und unterstützt wird, hat seit einiger Zeit einen neuen Internetauftritt: Hier erhalten Sie einen Einblick in die Arbeit der Studierenden, ihr Anliegen, Informationen zu Förderern und Lehrenden sowie zu aktuellen Veranstaltungen.
Impressionen vom Seminar: Die Musikphilosophie von Günther Anders
von Simeon Guttenhöfer
Am ersten Juliwochenende fand in den Räumen des Philosophischen Seminars im Kloster Machern (Bernkastel-Kues) ein Seminar zu Günther Anders’ Musikphilosophie statt. Unter der Leitung von Johanna Hueck, wissenschaftliche Mitarbeiterin und Mitglied des Leitungsteams im Philosophischen Seminar, und Jakob Bergsma, Musiker und Chorleiter aus Basel sowie ehemaliger Philosophiestudent der Kueser Akademie, konnte diesem Inhalt ideal von seinen zwei Seiten nachgespürt werden: Intensive Textanalyse mit ideengeschichtlichem Hintergrund und anspruchsvolle Hör- und Stimmübungen wechselten sich ab und griffen ineinander.
Die Musik als eine besondere Existenzform menschlichen Daseins philosophisch zu befragen war Günther Anders bereits früh ein wichtiger Teil seiner Arbeit. Mit seinen „Musikphilosophischen Schriften“ (erst 2017 herausgegeben) versuchte er, sich zu Anfang der 1930er Jahre in Frankfurt zu habilitieren – lange bevor seine berühmt gewordenen Schriften entstanden, die der menschlichen Seele in der zweiten industriellen Revolution eine fatale Aufspaltung ihrer Vermögen attestierten. Diese Aufspaltung besteht laut Anders darin, dass die Vorstellung des Menschen von dem, was er mit seinen Taten anrichten kann, unüberbrückbar fern wird zu dem, was er sich vorstellen oder mitempfinden kann. Dafür steht exemplarisch die Atombombe.
Mit einem kleinen Hinweis in seinem Hauptwerk „Die Antiquiertheit des Menschen“ zeigt er an, dass in der Musik für ihn eine Hoffnung liegt, diesem Auseinanderdriften der Seele entgegenzuwirken, da sie das, was der Mensch zu „fassen“ fähig ist, „plastisch“ erweitern könne, – wenn der Mensch sich wirklich in die „musikalische Situation“ als Existenzform einlässt: „Denn Musik ist das letzte menschliche Mittel, wodurch der Mensch fähig ist, sich fundamental zu verwandeln.“ Dieses Zitat stand über dem Seminar, in dem wir diesem Hinweis nachgegangen sind und dafür auf das kaum bekannte Frühwerk von Anders zurückgreifen konnten.
Ohne Anspruch auf musikalische Vorbildung versuchen wir nachzuvollziehen, wie sich das seelische Fassungsvermögen im Hören von Musik erweitern kann. Dies wurde anhand einer Bach-Fuge erlebbar. Die von Anders selbst als Beispiel herangezogene C-moll-Fuge aus dem zweiten Band des „Wohltemperierten Klaviers“ haben wir gehört, gesungen, einstimmig und in einzelnen Takten gehört und so uns der Komplexität der musikalischen Zusammenhänge anzunähern gesucht.
Wenn das Thema der Fuge in ihrer Mitte plötzlich in halbem Tempo im Tenor ansetzt und gleichzeitig im ursprünglichen Tempo im Sopran und in seiner Spiegelung im Bass erklingt, und der Hörer dieses Zusammenspiel versucht gleichzeitig wahrzunehmen, kann man ahnen, was Anders mit „Streckübungen“ des Auffassungsvermögens meint. Das Wahrnehmen ist hier notwendig ein Mitvollzug der musikalischen Bewegung, man bringt also selbst diese Komplexität in sich hervor, rein subjektiv, aber als einen völlig objektiven Gegenstand – das Fugenthema. So erhält das Erleben des eigenen Handelns, sei es auch nur die innere musikalische Bewegung, eine ausreichend verbindliche (nicht-subjektive) Wirklichkeit, um zu moralischem Verhalten in einer immer weniger fassbaren Welt zu befähigen. Im Seminar ist uns deutlich geworden, dass diese Übungen ihre existenzielle Bedeutung nicht verloren haben.
Kooperation mit der „gemeinsamen wissenschaftlichen Einrichtung der Universitäten von Mainz, Oldenburg und Trier“ und der Universität Oldenburg
Das Philosophische Seminar wird seine Seminare auf Master-Niveau ab dem Wintersemester in Kooperation mit der an der Kueser Akademie angesiedelten „Gemeinsamen wissenschaftlichen Einrichtung der Universitäten von Mainz, Oldenburg und Trier“ anbieten. Federführend von Seiten der Einrichtung ist dabei die Universität Oldenburg. Das MA-Angebot des Philosophischen Seminars ist in den Modulplan des Oldenburger MA Philosophie eingepasst. Zugleich sind auf der Grundlage des Vertrags der gemeinsamen Einrichtung der Universitäten die entsprechenden Seminare für alle Hochschulen und Universitäten anrechenbar. So können Studierende ihren MA Philosophie am Philosophischen Seminar und an der Universität Oldenburg studieren, die den Abschluss verleiht.
Zusammenschluss der internationalen Cusanus-Forschung
Das 2017 gegründete „Internationale Klaus Reinhardt Institut“ ist ein Zusammenschluss derjenigen Institutionen, Gesellschaften und Forschungseinrichtungen, die zu Nikolaus von Kues forschen. Das „Institut“ hat nun zur Vertiefung der gemeinsamen Forschung zu Cusanus einen „International Board of Cusanus-Research“ eingerichtet, in das jede Mitgliedsinstitution jeweils einen Vertreter entsendet. Auf diese Weise kann die internationale Arbeit zwischen den USA, Argentinien, Japan, Italien, Frankreich, Russland, Portugal und weiteren Ländern koordiniert werden. Es ist die erste gemeinsame Austauschplattform der internationalen Cusanus-Institutionen; sie konnte nach jahrelangen Vorarbeiten erfreulicherweise realisiert werden. Das „Internationale Klaus Reinhardt Institut“ und sein „International Board“ sind administrativ angesiedelt an der Kueser Akademie für Europäische Geistesgeschichte als Institution; Harald Schwaetzer ist innerhalb des „International Board“ für die Koordination zuständig.