Ein Beitrag von Eureka Wagner, Teilnehmende am Begleitstudium Philosophie 2023/24 und am Vertiefungsjahr des Begleitstudiums 2024/25
In seiner Antrittsvorlesung als Professor für Universalgeschichte an der Universität Jena 1789 hob Friedrich Schiller die Unterscheidung zwischen den „Brodgelehrten“ – die studieren, um ihren „sinnlichen Zustand zu verbessern und eine kleinliche Ruhmsucht zu befriedigen” – und dem „philosophischen Geist“ – welcher „in seinem Gegenstand, in seinem Fleiße selbst, Reiz und Belohnung” finde und „dabei immer das Große im Auge” habe – hervor.
Ich möchte denjenigen, die das Begleitstudium Philosophie nicht besuchen, nicht unterstellen, Brodgelehrte zu sein. Noch wage ich von uns zu behaupten, Philoph*innen zu sein. Aber den philosophischen Geist glaube ich in uns allen zu spüren, die wir aus den unterschiedlichsten Bereichen kommen – den Kultur- und Geisteswissenschaften, der Pädagogik, der Medizin, der Technik, den Naturwissenschaften, aber auch den praktischen Tätigkeiten.
Philosophie ist leider allzu häufig mit dem Vorurteil behaftet, zwecklos zu sein. Ich aber habe mit der Zeit erfahren, dass sie zweckfrei ist. Man denkt um des Denkens willen, nicht, um ein Ergebnis zu erzielen. Dieses tiefe Eintauchen in das Lesen und ‚Selbst Denken‘ ist zugleich ein fesselnder wie befreiender Prozess. Selten hatte ich in meinem eigenen Studium der Psychologie das Gefühl, so sehr in Literatur vertieft zu sein, geschweige denn, vertieft Literatur zu lesen, die keinen offensichtlichen Beitrag zu einer Aufgabenbewältigung leistete. Genau darin liegt jedoch dieses befreiende Moment, welches man in der Psychologie auch ‚Flow‘ oder einen hypnoseartigen Zustand (mit Alpha-Gehirnwellen, um genau zu sein) nennt. Frei von Zwängen und Erwartungen sich nur der Sache zu widmen, ist nicht nur während Videospielen oder Filmen möglich, sondern auch während vertiefter Lektüre, konzentriertem Denken oder Austausch dieser teilweise schlüssigen, teilweise noch zusammenhanglosen Gedanken – wobei im Fall von Videospielen und Filmen das Konsumieren, bei Lektüre, Denken und Austausch eher das Interagieren im Vordergrund steht. Die aktive Auseinandersetzung mit den Inhalten geht zwar einher mit Mühe, erfüllt jedoch mit einer gewissen Ruhe und einer Erkenntnis eines tieferen Sinns. All dies finde ich im Begleitstudium. Wir begeben uns in einen gemeinsamen Denkraum, verweilen dort und kommen dann in unsere jeweiligen Lebenswelten zurück. Ich fühle mich dabei jedes Mal wie nach einer Meditation.
Was uns den philosophischen Geist verleiht, ist jedoch mehr als die Erfahrung der Zweckfreiheit beim Philosophieren. Eben weil wir aus unterschiedlichen Hintergründen diesen philosophischen Raum betreten, können wir ihn nicht nur bereichern. Er kann sogar unsere Sichtweise auf das eigene Fach vervollständigen. Auch wenn sich die Philosophie mit ähnlichen Themen wie mein Fach, die Psychologie, befasst, dem Menschsein zum Beispiel: Ihre Herangehensweise ist doch Welten davon entfernt. Sich auf andere Denkweisen einzulassen erfordert Mut, denn es bedeutet manchmal, die bisherigen Überzeugungen einen Moment beiseite zu legen. Genau dieses Wechseln der Sichtweisen, der Versuch, Inhalte zu verknüpfen und dabei erfolgreich zu sein oder zu versagen, Einzelteile in den großen Kontext einzuordnen und diesen dann wieder auseinanderzunehmen, all dies ist elementarer Teil des Verstehens – und auch der Ausbildung eines philosophischen Geistes, eben wie durch ein Begleitstudium der Philosophie.
Mai / Juni 2025, überarbeitet im Oktober 2025