Am 20. Mai 2020 besuchten Studierende und einige Mitglieder des Philosophischen Seminars im Rahmen einer Exkursion das Mithräum am Halberg / Saarbrücken.
Bei Mithräen handelt es sich um zumeist unterirdisch angelegte oder in den Fels gehauene Kulträume des zwischen dem 1. und 4. Jahrhundert n. Chr. im römischen Reich weit verbreiteten Mithraskultes. Das am Halberg gelegene Mithräum, das nach einer kurzen Wanderung erreicht werden kann, liegt auf halber Höhe des Berges im Wald. Die Erbauer der Stätte haben den Altarraum mit wenigen Eingriffen in den Sandsteinfelsen einer natürlichen Grotte gehauen. Es handelt sich um eine beeindruckende, noch heute deutlich nachvollziehbare Gestaltung eines natürlichen Ortes, der die atmosphärischen Voraussetzungen mitbringt, kultische Handlungen vor dem Hintergrund kosmischer und philosophischer Anschauungen der damaligen Zeit zu vollziehen. Die mehrstündige Erkundung von Grotte und Umfeld förderte Schritt für Schritt tiefere Schichten der Möglichkeiten des genius loci hervor.
Die Exkursion konnte auf diese Weise einen der Schwerpunkte in der Lehre des Philosophischen Seminars – die Spätantike – mit phänomenologischen Beobachtungen verbinden: In den vergangenen Semestern wurden die „Mystische Theologie“ des Dionysios Areopagita, „Über Götter und Kosmos“ des Freundes von Kaiser Julian, Saloustios, und im aktuellen Sommersemester wird eben dieses Kaisers Schrift „Über König Sonne“ behandelt. Gerade Julian war der letzte große Förderer des Mithras-Kultes im römischen Reich. Die Verbindung von Kult und Philosophie ist im Falle des Mithras insofern besonders interessant, weil seine Entstehung umstritten ist – eine persische, alte Tradition oder eine sehr junge stoische Erfindung? – und die Verbindunglinien zwischen philosophischem Denken und religiöser Praxis besonders eng sind.
Die gemeinsame Erkundung von Orten philosophischer und spiritueller Relevanz wird auch in Zukunft zum didaktischen Repertoire des Seminars gehören.