Liebe Leserinnen und Leser,
nach der Gründung des Vereins „Philosophisches Seminar“ am 19. Juli haben wir in den letzten Wochen die Vorbereitungen getroffen für die Aufnahme des Geschäftsbetriebes zum 1. Oktober mit allem, was dazu gehört: Der Eintragung des Vereins in das Vereinsregister Stuttgart, der Anmeldung beim Finanzamt, einer Kontoeröffnung, der Ausarbeitung von neuen Arbeitsverträgen, dem Aufbau der Buchhaltung und der allgemeinen Verwaltung, der Neugestaltung von Sitzungsformaten und -rhythmen, der Umstellung unserer Website und der E-Mail-Adressen. Sie erreichen uns per Mail unter .
Die beiden Webseiten „Lebendige Philosophie“ und „Philosophisches Seminar“ sind nun zusammengeführt, neu strukturiert und neu gestaltet. Sie erreichen uns weiterhin über diesen Link: https://philosophisches-seminar.org
In diesem ersten Newsletter des Philosophischen Seminars e.V. finden Sie manche Neuigkeiten, Berichte und Hinweise, so z. B. auf das Schnupperseminar der WEITERBILDUNG am 22. Oktober, für das man sich noch anmelden kann. Ganz besonders freuen wir uns, dass wir Ihnen die Promotionsschrift unseres Leitungsteam-Mitglieds Johanna Hueck ankündigen können – natürlich zu Schelling. Der Promovendin übermitteln wir hiermit unsere herzlichen Glückwünsche!
Ihr Team vom
Philosophischen Seminar
Schnupperseminar der WEITERBILDUNG: Selbstentwicklung für Beruf und Privatleben
In unseren Seminaren lernen Sie bedeutende Philosophen der europäischen Geschichte kennen. In Vorträgen und praktischen Übungen erarbeiten Sie deren Ideen und die Art ihres Denkens – als Grundlage für Ihre wirksame persönliche Selbstentwicklung. Dieser Weg wird Sie befähigen, mit Hilfe des Dreiklangs Wahrnehmen · Orientieren · Entscheiden produktive Ideen im beruflichen und privaten Bereich zu generieren und zukunftsfähige Lösungen zu entwickeln.
Unser Grundkurs dauert ein Jahr und besteht aus sechs Modulen. Genaueres zu den Inhalten und zum Ablauf erfahren Sie in unserem kostenlosen Schnupperseminar am Samstag, 22. Oktober 2022, in Stuttgart-Birkach.
Hier lernen Sie in vier 90-minütigen Seminareinheiten unsere Referentinnen und Referenten kennen und können sich mit unterschiedlichen Arbeitsweisen und Methoden vertraut machen. Außerdem können Sie sich in den Pausen mit Teilnehmenden der bereits laufenden zwei Jahrgänge austauschen, da diese zeitgleich ins Aufbau- bzw. Vertiefungsjahr der Weiterbildung starten.
Weitere Informationen zu den Inhalten der Weiterbildung LEBENDIGE PHILOSOPHIE finden Sie auch hier.
Für die Teilnahme sind keine Vorkenntnisse in Philosophie erforderlich.
Weitere Informationen zum Schnupperseminar hier.
Peter Dellbrügger
Wahrheit, Freiheit, Wissenschaft – Zum BEGLEITSTUDIUM PHILOSOPHIE
Alles prüfe der Mensch, sagen die Himmlischen,
Hölderlin, Auszug aus: Lebenslauf
Daß er, kräftig genährt, danken für Alles lern‘,
Und verstehe die Freiheit,
Aufzubrechen, wohin er will.
Friedrich Hölderlin hat unser Anliegen des neuen BEGLEITSTUDIUMS PHILOSOPHIE bereits trefflich ausgedrückt: Unter dem Slogan „Denkwürdig“ prüfen wir die wenig sichtbaren Denkwürdigkeiten des Alltags und der Geistesgeschichte gleichermaßen. So werfen wir im Sinne eines überregionalen Studium generale den Blick auf die Voraussetzungen des heutigen Bewusstseins und bieten jungen Menschen Raum und Zeit für Fragen, die im Fachstudium, in der Ausbildung oder im Berufsalltag zu kurz kommen.
Mit diesem Begleitstudium wählen wir bewusst nicht mehr den Weg, einen alternativen Vollzeit-Studiengang anzubieten – wie im Vorgängerprojekt „Selbstbestimmt Studieren“. Stattdessen schaffen wir ein Angebot neben regulären Studien- und Ausbildungswegen. Dadurch überbrücken wir das Entweder-Oder zwischen alternativen Bildungswegen und der Hochschul- / Ausbildungswelt und ermutigen junge Menschen, individuelle Bildungswege weiter zu verfolgen. Um, kräftig genährt, zu verstehen aufzubrechen, wohin sie wollen.
Mitte November beginnt das Pilotjahr des Begleitstudiums, bei dem wir die Beweglichkeit und Klarheit des Denkens und Wahrnehmens an Texten und Kunstwerken schulen und intensiv ins Gespräch gehen über die Bedeutung all dessen für die Gegenwart. Das erste Wochenende „Grundprobleme der Gegenwart: Philosophieren im Anthropozän“ findet im Forum 3 in Stuttgart statt. Die ersten Anmeldungen sind bereits eingetroffen – wir freuen uns über weitere Menschen, die neben Studium oder Ausbildung den eigenen Fragen an Wahrheit, Freiheit oder Wissenschaft mit uns nachgehen wollen.
Die Rahmenbedingungen sowie die Themen und Termine der Wochenenden finden sich auf unserer Internetseite.
Fabian Warislohner, Johanna Hueck
LECTIO CUSANA V: Nikolaus von Kues: De pace fidei / Vom Frieden im Glauben
Ein fiktives Lehrgespräch mit den Weisen der Völker über einen Weg zum Frieden im Glauben „in caelo rationis“ – aus christlicher Perspektive. – Offenes philosophisches Lektüre-Seminar mit Prof. Dr. Tilman Borsche am Philosophischen Seminar in Verbindung mit der Kueser Akademie für Europäische Geistesgeschichte vom 21.-23.11. im Kloster Machern an der Mosel.
Das Seminar richtet sich an Studierende der Philosophie aller Semester, auch DoktorandInnen und andere erfahrene Cusanus-LeserInnen sind eingeladen. Nähere Informationen finden Sie hier.
„Aktive Passivität“ – Promotionsschrift über Schelling von Johanna Hueck
Johanna Hueck, Mitglied des Leitungsteams des Philosophischen Seminars, wurde mit einer Arbeit über Schellings Erlanger Vorlesungen zum Doctor philosophiae promoviert. Die Promotionsschrift mit dem Titel „Aktive Passivität. Krisis und Selbsttransformation der Subjektivität im Denken F.W.J. Schellings“ wurde im Herbst 2020 an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg angenommen und erscheint Ende des Jahres beim Verlag Karl Alber Freiburg.
Die Schelling-Forschung erlebt derzeit insgesamt eine Blüte. Die Forschung zur mittleren Philosophie dagegen ist nicht sehr breit. Dass Schelling 1821 in den Erlanger Vorlesungen systematisch ein neues Subjektkonzept erarbeitet, wurde zwar bereits seit den 1990er Jahren bemerkt, aber Johanna Hueck gebührt der Verdienst, erstmals die systemtheoretischen und methodologischen Zusammenhänge dieser neuen Konzeption grundlegend zu untersuchen und damit eine wesentliche Forschungslücke zu schließen. Mittels der Figur der „aktiven Passivität“ fasst sie das mediale Erkenntnisprozessgeschehen zwischen dem menschlichen und absoluten Subjekt und beschreibt, wie Schelling damit einen Ausweg aus der Problematik der dualistischen Subjektivität formuliert.
In Schellings Erlanger Erkenntnismethode erfährt der dualistische Bewusstseinsmodus dadurch eine Transformation, dass das Bewusstsein sich in einer gleichberechtigten dynamischen Bezüglichkeitsstruktur zum Absoluten erfährt. Beide Pole, das erkennende Subjekt und das absolute Subjekt, werden dabei als eigenständige Wesenheiten in wechselseitiger Entwicklung begriffen. Sie stehen einander nicht in einem voneinander abgetrennten Subjekt-Objekt-Verhältnis gegenüber, sondern vollziehen miteinander eine innere Tätigkeit, bei der sich die ewige Freiheit des Absoluten im menschlichen Subjekt ausspricht. Die verobjektivierende Funktionsweise des Subjektbewusstseins wird durch diese Erfahrung fundamental gewandelt. Es liegt allerdings im menschlichen Subjekt selbst, in diesen prozessualen Bewusstseinswandel einzutreten. Er ist nur durch die grundlegende Entscheidung (Krisis) möglich, sich selbst, seinen Eigenwillen zurückzunehmen und eine Haltung „aktiver Passivität“ anzunehmen. Erst hier beginnt für Schelling überhaupt Philosophie.
Es ist selbstredend, dass Schelling in der Frage nach Krise und Selbsttransformation und mit ihm die Promotionsschrift von Johanna Hueck an Aktualität nicht brennender sein könnte. Anhaltende Krisen und sich zuspitzende Konflikte bestimmen bis und gerade heute die Welterfahrung des Menschen des 20. und 21. Jahrhunderts. 1821 gibt Schelling in seiner Neukonzeption der Subjektivität Antwort auf die immer drängenderen Fragen einer echten Bewusstseinswandlung, ohne die eine Veränderung des Menschen und seiner innerweltlichen Verhältnisse nicht zu denken ist. Philosophie wird hier als existentielles und transformatives Bildungsgeschehen verstanden. Diese ethische Aufforderung nach Selbstwandlung, nach einer aktivisch-passivischen Dialogik von Subjekten jenseits von Machtstrukturen hat Schelling zum Vorläufer der Existenzphilosophie des 20. Jahrhunderts werden lassen. Die herausragende Dissertationsschrift von Johanna Hueck betritt Neuland in der Schellingforschung und stellt die Bedeutsamkeit des Denkers für unsere Gegenwart eindrucksvoll unter Beweis.
Nadja Görz
NEUERSCHEINUNG: „Der Geist der Mystik als Ursprung der Naturphilosophie“ – eine Relektüre Karl Joëls
Heute aber – wo ist die gemeinsame Atmosphäre des Geistes, wo die Weltanschauung, die in uns klingt oder sich um uns, über uns spannt und wölbt als Himmel und Horizont? Sind wir nicht geistig Nomaden ohne Heim und Heimat, Versprengte ohne Gemeinschaft und Führung? Schwanken wir nicht ohne Steuer und Anker auf der hohen See der Erkenntnis? Zwar zehren wir noch von den großen Traditionen, von Resten früherer Weltanschauungen – doch wenn wir weder Sinn noch Trieb haben sie zu stützen noch Kraft und Mut sie umzubilden, wo werden wir noch geistigen Halt finden?
Karl Joël, Basler Rektoratsrede am 14.11.1913
Diese Einschätzung der geistigen Lage durch den Basler Philosophen Karl Joël (1864-1934) scheint heute noch zutreffender zu sein als am Vorabend des Ersten Weltkrieges. – Der neue Band Band der „Internationale Zeitschrift für Kulturkomparatistik“ (IZFK) widmet sich dem Ansatz von Karl Joël, den dieser unter dem Titel „Der Ursprung der Naturphilosophie aus dem Geiste der Mystik“ 1906 vorgelegt hat. Trotz der geänderten Zeitlage lohnt es sich, auf die Quellen hinzudeuten, aus denen Joël geschöpft hat. Wie er selbst nach dem Ursprung der Naturphilosophie fragt, so wird in den Beiträgen dieses Bandes nach dem Ursprung seines eigenen Denkens gefragt. Nach einer grundsätzlichen Vorstellung seines Ansatzes (Harald Schwaetzer) werden die drei Epochen in den Blick genommen, auf die Joël rekurriert vor allem rekurriert: Antike (Wolfgang Christian Schneider), die Renaissance (Gianluca Cuozzo) und Deutscher Idealismus (Johanna Hueck) sowie Spätidealismus (Cristián Hernández Maturana). Abschließend erfolgt ein Blick von der Gegenwart her (Philipp Thomas). Im engeren Sinne situiert sich die Fragestellung des vorliegenden Bandes im Bereich einer Naturphilosophie des Anthropozän. Er diskutiert dabei die These, dass Naturphilosophie aus Mystik entspringt, ohne in ihr aufzugehen, dass die letztere aber auch ihren Ursprung nicht verleugnen darf. Joël bietet damit einen gegenwärtige Konzeptionen produktiv hinterfragenden Wissenschaftsbegriff, der zugleich in eine auch das Geistige in Mensch und Kosmos ernst nehmende Anthropologie eingebettet ist.
Die Beiträge des von Johanna Hueck und Harald Schwaetzer herausgegebenen Bands können hier kostenlos heruntergeladen werden.
Stephan Stockmar
Phänomenologische Naturwahrnehmung und politische Urteilskraft im Zeitalter des Anthropozäns
Anlässlich des Seminars über Phänomenologische Naturwahrnehmung und politische Urteilskraft im Sommersemester 2022 seien hier einige Gedanken ausgeführt, die während des Seminars im Gespräch mit den Studierenden entstanden sind.
Für Hannah Arendt ist Urteilskraft eine Gestaltungskraft, die uns in die Lage versetzt, auch in unvorhersehbaren Situationen moralisch zu urteilen und entsprechend zu handeln. Die Ereignisse des 20. Jahrhunderts hat sie selbst als eine Bewährungsprobe dieser Urteilskraft erlebt. Besonders bekannt geworden ist ihr Ringen in ihrer Beschreibung des Eichmann-Prozesses, bei welchem sie an der konkreten Beobachtung die bekannt gewordene „Banalität des Bösen“ formulierte.
Heute sind wir nicht mehr „nur“ im Politischen aufgerufen, Urteilskraft im Arendtschen Sinne anzuwenden. Die Entwicklung des Klimas und der Zustand der Natur lassen keine Ausflucht mehr zu, moralische Fragen von diesen abgetrennt zu behandelt. Allzu deutlich ist geworden, wie sehr das Denken, Fühlen und Handeln der Menschen mit dem Antlitz einer vertrocknenden und der Lebenskräfte immer mehr beraubten Natur (zu der wir in unserer leiblichen Erscheinung dazugehören) verwoben ist. Und allzu deutlich ist auch geworden, wie sehr eine immer größer werdende Abtrennung dieser Vermögen von den Kräften der Natur zur Katastrophe führt, an deren Beginn wir zu stehen scheinen.
Wenn wir mit den Studierenden nicht nur die Texte erarbeiten, die uns Begriffe wie Urteilskraft oder moralische Phantasie (Günther Anders) besser verstehen lassen, sondern gleichermaßen Übungen in und an der lebendigen Natur durchführen, kann unmittelbar erlebt werden, wie wir Natur als das Erscheinen von Pflanzen und Tieren, von landschaftlichen Bezügen und Atmosphärischem im Wahrnehmen aufnehmen und ihr denkend begegnen.
Es kann zudem unmittelbar einsichtig werden, wie dieses Gespräch von Mensch und Natur scheitern kann, aber auch verwandelnd wirkt. So verlässt man einen Ort, dem man sich aufmerksam gewidmet hat, anders als man ihn betreten hat – er hat seelisch wie leiblich einen Eindruck hinterlassen. Wer genauer hinschauen kann, lernt, dass diese Erfahrung keine einseitige ist. Es stellt sich ein zunächst leiser, aber bei fortschreitender Übung sicherer Sinn dafür ein, dass mit dem „Gegenüber“ ein geteilter Resonanzraum entsteht, in dem beide Seiten Subjekte sind.
Es wird die Frage sein, wie wir die von Hannah Arendt beschriebene Urteilskraft auf die Natur in Zukunft auszubilden in der Lage sind und bis in die Praktische Gestaltung von Landwirtschaft und Naturpflege anzuwenden wissen. Ohne diese werden wir die unvorhergesehene Lebenslage der Natur und damit unsere Lebensgrundlage nicht heilen können.
Lydia Fechner
AUCH INTERESSANT: „Lichte Nacht der Iris“ – Eine Licht-Installation von Ingo Nussbaumer
im Deutschen Romantik Museum
Zu den Räumen des neuen Deutschen Romantik-Museums https://deutsches-romantik-museum.de neben dem Goethe-Haus in Frankfurt gelangt man über eine ins Blaue führende „Himmelstreppe“. Steigt man im hinteren Treppenhaus wieder herab, so erlebt man den Himmel auf Erden: Das von einem dem Lauf der Sonne automatisch folgenden Spiegel (Heliostat) in einer Glaskuppel im Dach eingefangene Licht passiert ein großes Wasserprisma und wird danach auf der rechten Seite à la Newton durch einen Spalt gelenkt und in die kräftigen Farben des Regenbogens aufgefächert: Rot, Grün und Blauviolett. Auf der linken verwandelt ein Schatten werfender Steg das Dunkel hinter dem Prisma in ein lichtes Nachtbild aus leuchtendem Türkis, Purpur und Zitronengelb. Beide Spektren erscheinen drei Stockwerke tiefer nebeneinander auf einer Tafel – wenn die Sonne sich am Himmel zeigt: „Die Sonne muss Zeuge sein und Erzeugerin“ (Olaf Müller, FAZ 23.10.2021). Diese dauerhafte Lichtinstallation ist ein Werk des Künstlers Ingo Nussbaumer, der seit langem mit den Spektren von Isaac Newton und Johann Wolfgang Goethe arbeitet.
Das von Newton 1666 entdeckte Spektrum ist allgemein bekannt und bildet die Grundlage der modernen Optik, die die Farben durch Messen ihrer Wellenlänge quantifiziert. Die durch Auffächerung des einheitlich erscheinenden weißen Lichtes mittels Brechung erscheinenden Farben wirken gegenüber dem sogenannten Goethe-Spektrum fast materiell. Letzteres entsteht durch Zusammenrücken der im Blick durch das Prisma an der Grenze zwischen Licht und Finsternis sichtbaren Farbränder. Dort, wo sich diese überlappen, erscheint das Purpur, von Goethe auch Pfirsichblüt genannt. Es ist die exakte Gegenfarbe zum Grün, das im Newton-Spektrum die Mitte bildet. Wie überhaupt durch die Simultanität der beiden Spektren jeweils Farbe und Gegenfarbe, physische Farbe und „subjektive“ Farbe einander objektiv gegenüber stehen – wobei sich keine der Newtonschen Farben im Goethe-Spektrum findet, was entsprechend auch umgekehrt gilt. Dies hat der Künstler noch einmal durch einen doppelten Farbkreis an der gegenüberliegenden Wand verdeutlicht: Die Goethe-Farben bilden den inneren Kreis, die Newtonschen Gegenfarben den äußeren.
So kräftig die Farben des Goethe-Spektrums auch erscheinen, so wirken sie doch weniger greifbar, eher schwebend – nicht ganz von dieser Welt. Sie erscheinen wie Spiegelungen aus einem Bereich, der ansonsten den äußeren Sinnen nicht zugänglich ist, dem Menschen aber von innen her mittels des empfindenden Denkens erfahrbar werden kann. Eigenartiger und zugleich bezeichnender Weise liegt das Purpur/Pfirsichblüt als Farbe der menschlichen Haut, diesem Grenzorgan zwischen innen und außen zugrunde – dem Inkarnat.
Bis zum 6. November ist im Rahmen der Ausstellung ›Zeichnen im Zeitalter Goethes‹ des Romantik-Museums auch Goethes kleine aquarellierte Federzeichnung des Farbenkreises zur Symbolisierung des menschlichen Geistes- und Seelenlebens zusehen.
Stephan Stockmar