Rousseau ist ein populärer, aber auch unzugänglicher Denker. Dies ist dem Umstand geschuldet, dass die Bedeutung seiner Philosophie in eigentümlicher Weise mit ihrer Systematik kontrastiert. Bisherige Interpretationen haben daher entweder ganz auf den Systemanspruch verzichtet oder Rousseaus Philosophie im Sinne eines anderen Denkers gleichsam von außen zu systematisieren versucht. Im Gegensatz zu früheren Bemühungen versucht diese Rekonstruktion, Rousseaus Philosophie als systematische aus sich selbst heraus zu klären. Im Zentrum steht dabei der Gedanke des Dreischritts von Natur, Kunst und Freiheit, der sowohl die thematische Ordnung des Rousseau’schen Oeuvres insgesamt bildet als auch die innere Logik wiedergibt, die dieses durchherrscht. Sie selbst jedoch stellt weder eine Vernunft- noch Seinsnotwendigkeit dar, sondern ist Ausdruck des Wirkens der Kontingenz in der Geschichte, die ihrerseits ein Produkt menschlicher Freiheit ist. Rousseaus Philosophie öffnet sich damit systematisch zur Freiheitsphilosophie Kants.
Nach einer Einleitung zum geschichtlichen Entwicklungsmodell Rousseaus ist die Arbeit von Martin Bunte entsprechend ihres Anliegens in drei Kapitel gegliedert: Natur – „L’homme de la nature“; Kunst – „L’homme de l’homme“; Freiheit – „Homme moral“.
Martin Bunte: Natur – Kunst – Freiheit . Rousseaus Genealogie der politischen Freiheit. Texte und Studien zur Europäischen Geistesgeschichte Reihe B, Band 27, Aschendorff Verlag Münster 2023, 271 Seiten, 49 EUR (gedruckt und als Ebook). Der Band kann hier bezogen werden.