Denklicht – von Harald Schwaetzer

von | 20. Mai 2019 | Denklichter

In dieser Rubrik möchten wir Sie zum Mitdenken einladen! Zitate von PhilosophInnen können uns anregen, selbst weiterzudenken.

„Das Sein des Menschen gewinnt in dem ‚Sein in der Entscheidung‘ seine grundlegende Bedeutung.“ (Heinrich Barth) Häufig muss man sich im Leben nicht bewusst entscheiden; in einem guten Stammlokal nimmt einem der Kellner in stillschweigendem Wissen manches ab; auch die Verkehrsampel regelt einiges. Wir könnten auch über das Wetter reden. – Gleichwohl: Bei näherem Zusehen steckt dahinter auch eine Entscheidung: mich bestimmen zu lassen von außen. Wiewohl vielfach hilfreich, sinnvoll und gut, erweisen sich alle diese Vorgänge als eigene Entscheidungen; sie können nicht einfach nur auf ein „Außen“ zurückgeführt werden. – Damit tritt eine Schicht unseres Daseins in den Blick des Bewusstseins, die uns häufig verschlossen bleibt: Wer ist eigentlich das Ich, das da in mir entscheidet oder entscheiden lässt? – Wiederum auf den ersten Blick sieht es so aus, als führte uns diese Betrachtung auf ein jenseitiges, untergründiges, verborgendes, höheres, anderes … in uns. Doch wenn wir fragen, wo und wie es sich zeigt, so wird klar: in der je und je sich vollziehenden Entscheidung, im Hier und Jetzt des gelebten Augenblicks, in der Zeit und in der Welt – und nur dort. – Das eigentliche „Sein des Menschen“ scheint uns in ein „Innen“ zu führen, doch lehrt uns die Erfahrung sogleich, dass es in der konkreten Entscheidung seine grundlegende Bedeutung gewinnt. Dann bedeutet es nicht weniger, als dass das geistige Wesen meiner selbst als geistiges im alltäglichen Lebensvollzug und nur in ihm in die Erscheinung tritt. – Die Erfahrung eines geistigen Ichs ist keine Angelegenheit eines verborgenen spirituellen Erkennens, aber auch keine Gegebenheit im Außen, sondern das geistige Ich stellt sich als Tatsache in die Welt, es ist in der Entscheidung gleichsam eine mystische Tatsache. So gesehen, ist es von grundlegender Bedeutung.