Newsletter Dezember 2019

von | 14. Dezember 2019 | Newsletter

Liebe Leserinnen und Leser,

das Jahr neigt sich dem Ende zu – und mit einem kleinen Adventsgruß möchten wir Sie am Auftakt der Weiterbildung LEBENDIGE PHILOSOPHIE teilhaben lassen.

Vom 6. – 8. Dezember 2019 fand das erste von sechs Seminaren des berufsbegleitenden Programms in Bernkastel-Kues statt. 15 Menschen aus verschiedensten Berufsfeldern haben sich in diesem ersten Pionierjahrgang eingefunden, um gemeinsam lebendiges Denken und Wahrnehmen zu üben – und diese Fähigkeiten in ihre Organisationen und Arbeitsfelder zurückzutragen.

In diesem Newsletter finden Sie einen kurzen Rückblick und einige Eindrücke von diesem ereignisreichen Wochenende an der Mosel.

Wir wünschen Ihnen eine besinnliche Weihnachtszeit und einen guten Übergang ins neue Jahr!

Herzlich grüßt
Ihr Team der LEBENDIGEN PHILOSOPHIE
Lydia Fechner, Paula Kühne, Harald Schwaetzer, Peter Dellbrügger

Philosophisches Üben: Denken und Wahrnehmen in Bewegung bringen

Endlich war es soweit: Nach einer anderthalbjährigen Entwicklungsphase und intensivem Austausch mit Menschen aus verschiedensten Organisationen begann am 6. Dezember 2019 das erste Seminar der Weiterbildung „LEBENDIGE PHILOSOPHIE – Denken für Organisationen von morgen“.

15 Menschen aus den Bereichen Wirtschaft, Heilpädagogik, Gesundheitswesen, Einzelhandel und Schule fanden sich in unseren Seminarräumen im Kloster Machern nahe Bernkastel-Kues ein. Schon in der Vorstellungsrunde wurde deutlich: Auch mit verschiedensten beruflichen Hintergründen eint die Seminargruppe die Frage nach einer persönlichen Entwicklung, die mit der Ausbildung neuer Fähigkeiten einhergeht. Wie kann man dadurch, dass man im Denken und Wahrnehmen beweglicher wird, das Verständnis für die Phänomene in Alltag und Beruf vertiefen?

Das erste Seminar der LEBENDIGEN PHILOSOPHIE war der Auftakt zu einem Bogen, der durch die weiteren fünf Seminare der Weiterbildung führt: Ausgehend vom gegenwärtigen Bewusstsein, zu dem die abendländische Philosophie das europäische Denken gebracht hat, tasten wir uns in der einjährigen Grundausbildung schrittweise um etwa 200 Jahre zurück. Jedes Seminar behandelt einen Denker der jeweiligen Zeit und fragt: Warum denken wir so über den Menschen, wie wir es heute tun? Was sind die Schritte, die zu diesem Menschenbild und zu den vielen gesellschaftlichen Herausforderungen geführt haben, die uns heute begegnen?

In diesem philosophiegeschichtlichen Teil geht es um das Entwickeln gemeinsamer Denkprozesse und um das eigene Denken von Ideen – Fähigkeiten, die vielfach in der Praxis von Organisationen gebraucht werden.

Abgestimmt auf diese philosophische Arbeit bilden Übungen im Wahrnehmen, Denken und musikalischen Hören einen idealen Umraum, um das Bewusstsein nach und nach beweglicher zu gestalten.

Das erste Seminar trug entsprechend den Titel: Grundlagen einer selbstständigen Fähigkeitsbildung in Alltag und Beruf. Es ging um die Frage nach mir selbst als Anfangspunkt der Weltgestaltung: Wer ist dieses fragende Ich? Welche Form hat mein aktuelles Bewusstsein, mit dem ich auf die Welt blicke?

Der philosophische Wegbegleiter für diese Fragen war der jüdische Religionsphilosoph Martin Buber. In einer ersten Textarbeit in Kleingruppen erarbeiteten sich die Teilnehmenden einen Einblick in Bubers zwei Formen, wie sich der Mensch zur Welt verhalten kann: der Ich-Du- und der Ich-Es-Beziehung. Rege Gespräche entstanden um die Frage, wie sich ein Bewusstsein ausbilden lässt, das sich nicht nur unabhängig und frei von der Welt erfährt, sondern zu selbstverändernden Einsichten fähig ist und Verantwortung für diese Welt übernimmt.

Hier setzte am Samstagmorgen eine Einheit intensiver Hörübungen an: Was nehmen wir über das Hören alles wahr und was sagt es uns über die Dinge und Menschen? Die Übungen in der Seminargruppe sowie zu zweit lenkten die Aufmerksamkeit sowohl auf das eigene Bewusstsein als auch auf den anderen Menschen. Denn auch die menschliche Stimme ist Klang und spricht Bände über den/die Andere/n.

Eine zweite Textarbeit in Kleingruppen widmete sich dem zweiten Buber-Text des Seminars aus dem Werk „Der Weg des Menschen“. Hier stand die Frage im Mittelpunkt: Wer ist eigentlich dieses Ich, nach dem wir fragen – wie ist mein Verhältnis zu mir selbst? Der fragende Mensch ist ein Werdender, der einen inneren Weg geht, der seine Beziehung zur Welt grundlegend verändert.

Nach einem stärkenden Mittagessen in der Klosterbrauerei Machern kamen wir zum Thema „Wahrnehmung“: Was und wie nehmen wir überhaupt die Welt und uns selbst wahr? In anderthalb Stunden entstand ein lebendiges Bild davon, wie reich unsere Wahrnehmungswelt ist und wie – verhältnismäßig – wenig wir sie überhaupt kennen.

Mit einem philosophischen Vortrag schlossen wir den zweiten Seminartag ab: Anhand von Bubers „Weg des Menschen“ blickte Harald Schwaetzer auf das Selbstverständnis des europäischen Menschen im 20. Jahrhundert – und nimmt die ZuhörerInnen mit auf den Denkweg Bubers. Wie kann man sich als Mensch als sich Entwickelnder, als in Bewegung begreifen?

Auf diese Frage fand der letzte Übungsteil am Sonntagmorgen in Form verschiedener Übungen ganz praktische Antworten: Wie denke ich eigentlich? Neben Übungen zu Aufmerksamkeit und Konzentration fragten wir nach dem denkenden Ich und bemerkten, dass hier ein wenig bekannter Teil von uns liegt, der nur durch innere Aktivität wahrnehmbar wird.

Ein gemeinsamer Gang durch Bubers „Weg des Menschen“ in Kleingruppenarbeiten bildete den Abschluss des ersten Seminars: Mit der Frage, wohin und wie wir Bubers Gedanken in den beruflichen Alltag mitnehmen können, entstanden viele neue Fragen – eine gute Voraussetzung für die weiteren fünf Seminare LEBENDIGE PHILOSOPHIE.