Liebe Leserinnen und Leser,
mit Vorfreude auf den Beginn unserer Weiterbildung LEBENDIGE PHILOSOPHIE im Dezember geben wir bekannt, dass wir mit einem vollbesetzten Jahrgang in die erste Runde starten werden!
Eine bunt gemischte Gruppe von Menschen aus verschiedensten gesellschaftlichen Arbeitsbereichen wird das Experiment wagen, sich gemeinsam Räume und Momente eines neuen Denkens und Wahrnehmens zu erschließen. Sie werden Mitgestalterinnen und Mitgestalter an unserem neu entworfenen Programm sein, das wir im ersten Jahr mit den Teilnehmerinnen und Teilnehmern einführen und weiterentwickeln werden.
Haben wir Ihr Interesse geweckt? In unserer Broschüre finden Sie mehr Informationen zu den Inhalten der Weiterbildung. Wir nehmen bereits jetzt Anmeldungen für Oktober 2020 entgegen, sprechen Sie uns an!
Für Menschen mit weniger Zeit haben wir eine Reihe von 1- und 2-tägigen Workshops entwickelt – zwei von diesen stellen wir Ihnen in diesem Newsletter vor. Hier finden Sie eine Übersicht über alle Praxis-Workshops!
Mit einem neuen Denklicht runden wir diese philosophische Post an Sie ab: Lydia Fechner schreibt unter dem Titel „Schweigendes Denken – denkendes Schweigen“ passend zu ihrem Praxis-Workshop im November über die Bedeutung des Schweigens für das lebendige Denken – jenes Denken, das uns die Phänomene der Welt in ihrer Tiefe erschließt und damit neue Möglichkeitsräume für Gestaltung eröffnet.
Wir freuen uns auf Ihre Rückmeldungen!
Herzlich grüßt
Ihr Team der LEBENDIGEN PHILOSOPHIE
Paula Kühne, Lydia Fechner, Harald Schwaetzer, Peter Dellbrügger
Praxis-Workshop: WAHRNEHMUNG DER STILLE mit Dr. Lydia Fechner und Peter Dellbrügger
Unsere heutige (Arbeits-)Welt lässt uns wenig Möglichkeiten, aus einer inneren Ruhe und aktiven Stille heraus zu leben. Eine Überfülle an Eindrücken und ein schnelles Entscheiden üben oftmals Druck auf uns aus, der in einem gehetzten Lebensgefühl und wenig durchdachten Entscheidungen resultiert. Wir fühlen uns fremdbestimmt.
In der Musik ist Stille viel mehr als die Abwesenheit von Klang. Wie wird Stille musikalisch gestaltet? Lassen sich dabei unterschiedliche Qualitäten ausmachen? Übungen im Vorhören und Nachhören sowie eine Phänomenologie von Pausen in der Musik können zu einem vertieften Verständnis beitragen.
Philosophen aller Zeiten haben gewusst, dass nur aus einer besonderen Form des inneren Schweigens heraus Erkenntnisse entstehen können, die tragfähig sind und unser Menschsein nicht aus-, sondern einschließen. Um wirklich zu denken und zu eigenen Ideen zu kommen, brauchen wir die Fähigkeit, durch eigenen Entschluss für kurze Zeit ganz wach und gleichzeitig empfänglich zu sein.
Im Seminar werden wir gemeinsam kurzen Textstellen aus der Philosophiegeschichte nachsinnen, Übungen im aktiven Schweigen vollziehen und durch die Musik zu einer vertieften Erfahrung der Stille führen.
Datum: 8.11.2020, 9.30 – 17.30 Uhr, 9.11.2020, 9.30 – 13 Uhr
Ort: Kloster Machern, An der Zeltinger Brücke, 54470 Bernkastel-Kues.
ReferentInnen: Dr. Lydia Fechner, Peter Dellbrügger, Dipl. Volkswirt und Musiker
Teilnamebeitrag inkl. Verpflegung: 300 €
Anmeldungen sind bis zum 27.10.2019 möglich.
Praxis-Workshop: Nikolaus Cusanus und unsere Gegenwart mit Prof. Dr. Harald Schwaetzer
Die Gegenwart scheint eine Zeit der Spezialisierungen zu sein: Immer genauer und exakter wird menschliches Wissen und immer kleiner der Bereich, in dem man als Einzelner präzise Kenntnisse haben kann. Zugleich müssen wir alle zunehmend Universalisten werden. Sehr vieles in den unterschiedlichsten Bereichen gibt es, was man mit Hilfe der Technik selbst macht. Das aber ohne Spezialkenntnisse, vielmehr als Dilettant oder Laie. Damit sind auf der einen Seite unser kreatives Vermögen und auf der anderen Seite unsere gesunde Urteilsbildung gefordert: Können wir etwas tun, und wissen wir zu verantworten, was wir tun?
In einer Zeit zunehmender Komplexität bietet die nur scheinbar längst vergangene Philosophie des Nikolaus von Kues eine Quelle zur Orientierung. Der Universalgelehrte der Renaissance entwickelte als erster das für unsere Zeit grundlegende Verständnis des Menschen als eines kreativen Gestalters seiner selbst und der Welt. Er reflektierte dabei zugleich die notwendigen Fähigkeiten, Übungen und Haltungen, die dafür zu entwickeln sind. Eine zentrale Gestalt des Cusanus ist dabei die Figur des Laien. Diese wollen wir im Workshop anhand ausgewählter Passagen kennenlernen und auf ihre Gegenwartsrelevanz hin befragen. Zur Einführung und Kontextualisierung werden darüber hinaus Überblicke über die cusanische Philosophie, die Renaissance und die Philosophiegeschichte der Neuzeit gegeben.
Datum: 14.12.2019, 9.30 – 18 Uhr
Ort: In Kooperation mit dem frommann-holzboog Verlag e.K., König-Karl-Straße 27, 70372 Stuttgart (Bad Cannstatt)
Referent: Prof. Dr. Harald Schwaetzer
Teilnamebeitrag inkl. Verpflegung: 100 €
Anmeldungen sind bis zum 3.12.2019 möglich.
Denklicht: Schweigendes Denken – denkendes Schweigen von Lydia Fechner
Manche Menschen glauben, sie denken in Worten. Das tun sie auch, aber nicht nur. Damit sie überhaupt Worte für ihr Gedachtes finden können, müssen sie vorher ohne Worte gedacht haben. Wirkliches Denken ist eine Aktivität, die wir zumeist vorbewusst ausüben, damit wir unseren Worten einen sinnvollen Gehalt geben können. Denn ein Wort ist uns nur als Vorstellung präsent. Wo wir in Worten zu denken meinen, sind wir in Vorstellungen, nicht im Denken, im schon Vorgeprägten; nicht im Vorstellenden, im Vorgestellten; nicht im Leben: in seinem Produkt.
Denken bringt also Sinn hervor und der Sinn unsere Sprache. Wollen wir in dieses Denken einkehren, führt der Weg in das Schweigen, in dem nicht nur die Leere von Vorstellungen, sondern die Fülle der wortlosen Bewegung – des Denkens – Sein stiftet.
Philosophen wie Hegel haben dieses Denken ein Denken in Begriffen genannt. Begriffe sind – im Gegensatz zu unserem alltäglichen Sprachgebrauch – nicht mit Worten definierbar. Begriffe lassen sich bewusst nur denken, wenn wir in aktives Schweigen eintreten, das die Worte hinter sich lässt und in die Bewegung eintritt; es sind Bewegungen, die wir selbst erzeugen, aber die sich doch selbst leiten; sie sind die eigentliche Wirklichkeit, weil aus ihnen Sein hervorgeht.
Was sich vielleicht mystisch anhört, ist in Wahrheit ganz nah am Leben, ja, es ist Leben. Lebendiges Denken kann man lernen, indem man seine Worte in das Schweigen trägt und in die stille, schöpferische Harmonie des Denkens eintritt.