Jubilare werden üblicherweise im Dunkeln gelassen, sobald das Vorhaben einer Festschrift im Raume steht. Nicht so im Falle von Wolfgang Christian Schneider, dem zu Ehren nicht lediglich eine Festschrift gewidmet sein wird, sondern der sich auch aktiv in ihren Entstehungsprozess einbeziehen ließ. So fand am 10. November 2024 an der Kueser Akademie für Europäische Geistesgeschichte in Bernkastel-Kues ein Fest-Symposion statt, veranstaltet von Tilman Borsche, Matthias Vollet und Kirstin Zeyer, das im Kern eine Diskussion der Beiträge mit Gelegenheit zur anschließenden Überarbeitung bis zum Jahresende vorsah. Freilich konnten nur fertig vorliegende Beiträge im Vorfeld berücksichtigt werden und eine weitere Voraussetzung musste mit der (räumlichen und zeitlichen) Möglichkeit zur Teilnahme erfüllt sein. Auf diese Weise trafen am Geburtstag des Jubilars Freunde und Kollegen zusammen, um sich gemeinsam mit ihm über die verschiedenen Wege der Weisheit in ganz unterschiedlichen Themen auszutauschen. Wer wollte, konnte sich vorab bereits einen Eindruck von den Beiträgen der anderen machen. Dieser Austausch im Vorfeld der Veranstaltung sowie die relativ offene Struktur, was die Vortragsform und -länge der im Programm vorgesehenen Beiträge betraf, verliehen dem Symposion einen ungezwungenen Charakter, so dass sich die jeweils anschließenden Gespräche und Diskussionen ebenso frei entfalten und intensiv geführt werden konnten.
Im Einzelnen zur Sprache kamen folgende Beiträge: Unter Bezugnahme auf die aristotelische Kategorienlehre u.a. sowie mit Hilfe eines bildlich dargestellten Stufenmodells aus Carolus Bovillus’ Liber de Sapiente entwickelte Harald Schwaetzer anschaulich seine Kerngedanken über „Die Tektraktys als Ort gemeinsamer Geistigkeit“. Aristoteles, genauer „Athanatízein oder ‚die sogenannte Vernunft der Seele‘ (Aristoteles: De anima III.4-7)“ bildete im Anschluss das Thema von Claus-Artur Scheier. Scheiers Lesart von De anima hob dabei die Vernunft als Ort hervor, der – im Unterschied zur Seele – als nicht weiter affizierbar und ohne eigenes Streben gedacht sei. Einen tieferen Einblick in die Welt der Antike mit Hilfe der Numismatik bzw. der Welt der Münzen gestattete der reich bebilderte Vortrag von Jürgen von Gerlach zum Thema „Justinian I. Zur Herrscherdarstellung im Münzwesen am Übergang von der Spätantike zum Mittelalter“. Im Mittelpunkt von Tilman Borsches Beitrag zum Thema „Die Weisheit des dialogischen Denkens nach Cusanus“ stand die These, dass das Denken dialogisch beschaffen sei. Diese These wurde zunächst im Vergleich zum Sprechen und Verstehen allgemein entwickelt, bevor sie mit der Wahrheitsfrage speziell im Hinblick auf die Lehre des Nikolaus von Kues ihre Zuspitzung erhielt. Von der Wahrheit zum Anstand, von der Renaissance zur Aufklärung führte der abschließende Blick auf den Freiherrn Adolph Knigge, indem Claus-Peter Clostermeyer das von ihm gewählte Thema erläuterte: „Der ‚Mythos Knigge‘ – Weltklugheit für die bürgerliche Gesellschaft“.
Zusammen mit weiteren Beiträgen von u.a. Johanna Hueck, Johann Kreuzer, Matthias Wais, Armgard von Reden-Dohna, Elena Fillipi und Fabian Warislohner erfolgt die Veröffentlichung der Festschrift in der Reihe „Texte und Studien zur europäischen Geistesgeschichte“ (Aschendorff Verlag, Münster).