Buchpräsentation „Nicolaas van Cusa: Het zoeken naar God“

von | 10. Juli 2025 | Allgemein, Forschung

Anlässlich der niederländischen Übersetzung der kleineren Schrift De quaerendo Deum / Gott suchen von Nikolaus von Kues fand am 30. Juni 2025 im Hotel und Café Sous les Eglises in Beek-Ubbergen (Niederlande) vor zahlreichen interessierten Gästen eine Buchpräsentation statt.

Zeichnete für die deutsche Übersetzung des Textes (Trier 2009)1 samt Einleitung Harald Schwaetzer verantwortlich, so findet sich mit der niederländischen Übersetzung von Inigo Bocken eine fast ‚natürliche‘ Fortsetzung eines Gesprächs zweier Forscher, dessen Fruchtbarkeit sich auch schon im Rahmen des Clusters zu Theory of Vision and Techniques of Visualization in the First Half of the 15th Century am Flämischen Akademischen Zentrum der Königlich Flämischen Akademie von Belgien für Wissenschafte und Künste gezeigt hatte. In der Einleitung zur deutschen Übersetzung wird hervorgehoben (S. 25), dass Inigo Bocken immer wieder auf die Bedeutung der Schrift aufmerksam gemacht sowie die Anregung zur Übersetzung gegeben habe.

Buchumschlag, Illustration: Van Eyck, Fragment des Genter Altars
Buchumschlag, Illustration: Van Eyck, Fragment des geschlossenen Genter Altars (1432)

Die niederländische Ausgabe2 enthält neben einer Einleitung von Inigo Bocken u.a. zwei ausführlichere Essays zum Thema der kleineren Schrift: Der erste Essay stammt wiederum aus der Feder von Inigo Bocken und kann als eine vertiefende Erläuterung der Frage der Gottsuche verstanden werden. Der zweite Essay stammt von Björn Schmelzer, der sich mit Cusanus und Van Eyck auf die Straßen und Gassen wagt, auf denen die Wahrheit ruft. Als unabhängiger Forscher und künstlerischer Leiter des belgischen Vokalensembles Graindelavoix geht es Schmelzer dabei vor allem um eine kritische Interpretation polyphoner Musik aus heutiger Sicht. Wie sich dem niederländischen Vorwort von Cusanus’ kleinerer Schrift entnehmen lässt, verdankt sich ihre Übersetzung ins Niederländische vor allem der zunehmenden Faszination für die bisher wenig untersuchte und diskutierte Beziehung zwischen Cusanus und der polyphonen Musikpraxis in derselben Epoche. Gerade De quaerendo Deum biete hier manche aufschlussreichen Bemerkungen, wie die Schrift überhaupt eine Handreichung für die mystische Theologie bieten wolle, und zwar anhand einer wohlbegründeten Reflexion auf die sinnliche Wahrnehmung des Menschen. Auch wenn Cusanus eher widerspenstige Gedanken über die Musik aufwerfe, werde deutlich, dass er die Musik im Rahmen einer umfassenderen Wahrnehmungstheorie thematisiert, die von einer kreativen Interpretation des sensus communis / Gemeinsinns ausgeht, in der letzterer als ‚freier Blick‘ im Leben der Sinnesorgane betrachtet wird. So erklärt sich auch die titelgebende Stoßrichtung des Essays von Bocken („Der freie Blick der theoría“). Als Resultat der Zusammenarbeit von Bocken und Schmelzer verdankt sich das neu erschienene Buch konkret der Veranstaltung „In den Fußspuren des Cusanus“ im Februar 2024 in Deventer, bei dem Graindelavoix ein musikalisches Programm darbot, das die Resonanz zwischen der polyphonen Musik und dem polyphonen Denken des Cusanus hör- und sichtbar machte.

Feierlich eröffnet wurde die Buchpräsentation am Abend des 30. Juni 2025 von niemand Geringerem als Gert den Hartogh, der 2024 das erste philosophische Hauptwerk des Cusanus, De docta ignorantia / Over de wetende onwetenheid, ins Niederländische übersetzt hat. In seiner Ansprache Quaerere imitare est: Suche als Nachfolge nahm Den Hartogh eine Einordnung der Schrift vor, wobei er mit dem Werk Die Nachfolge Christi des Thomas à Kempis besonders an die Frömmigkeitsbewegung der Devotio Moderna in den Niederlanden anknüpfte. Der Vergleich mit Cusanus legte auch stichwortartig die Unterschiede dar: Introspektiver Rückzug, Wahrheit als innerliches Licht sowie imitatio als Ziel bei Thomas à Kempis, gegenüber der weltzugewandten Suche, der Wahrheit in sinnlicher Polyphonie sowie quaerere als Weg zur imitatio bei Cusanus. Die niederländische Ausgabe würdigte Den Hartogh als „lebendige Begegnung zwischen den Jahrhunderten, die von wissenschaftlicher Präzision und spiritueller Meisterschaft getragen wird“.

Hermann Westerink, wissenschaftlicher Direktor des Titus Brandsma Instituts Nijmegen, überreichte die ersten Exemplare der niederländischen Übersetzung, nachdem er seinerseits einige Worte des Dankes und der Anerkennung überbracht hatte. Das anschließende Interview mit Björn Schmelzer (in Lissabon) musste aufgrund technischer Übermittlungsschwierigkeiten etwas kürzer ausfallen. Einen weiteren Programmpunkt der bis spät in den Abend reichenden Veranstaltung bildete abschließend der Vortrag von Kirstin Zeyer zum Thema „Gottsuche von Natur aus – Der Platz der Tiere bei Cusanus“, der seinen Ausgang ebenfalls von der kleinen Schrift De quaerendo Deum / Gott suchen (um 1445) nahm.


Wer sich für Cusanus im Allgemeinen und die Frage der Polyphonie im Besonderen interessiert, dem sei ein Workshop unter der Leitung von Björn Schmelzer, u.a. mit Luís Neiva (Lissabon, Spirit is a Bone) und Inigo Bocken (Nijmegen, Leuven) empfohlen:

Cusanus Summer School, vom 18.-20. August 2025 in Antwerpen zum Thema Nicholas of Cusa, the Arts and Polyphony: Working Through a Productive Non-Relation. In englischer Sprache.
The Cusanus Summer School is a collaboration between Graindelavoix (Antwerpen) and Spirit is a Bone (Lisbon, https://spiritisabone.substack.com/) and part of the Antwerp Summer Festival “Not Only Are We Not Infinite, We are Not Even Finite.”

Kontakt und Anschrift:
Jos Smolderenstraat 76, 2000 Antwerpen (Nieuw-Zuid) vom 18.-20. August 2025, jeweils 11.00 Uhr bis 18.00 Uhr.
Gebühren für die Cusanus Summer School: 50 EUR (einzelner Tag: 20 EUR)

Anmeldung:
Information:

  1. Nikolaus von Kues. Textauswahl in deutscher Übersetzung. Bd. 8. De quaerendo Deum. Gott suchen. Eingeleitet und übersetzt von Harald Schwaetzer. Trier 2009. ↩︎
  2. Nicolaas van Cusa. Het zoeken naar God. Bezorgd door Inigo Bolcken. Met een essay van Björn Schmelzer. Amsterdam 2025 (Verlagsankündigung). ↩︎